Predigt zu Jesaja 7, 10-14 von Hans-Georg Ahl

24.12.2017, 08:58

Predigt Jes 7, 10-14

10 Und der HERR redete abermals zu Ahas und sprach: 11 Fordere dir ein Zeichen vom HERRN, deinem Gott, es sei drunten in der Tiefe oder droben in der Höhe! 12 Aber Ahas sprach: Ich will's nicht fordern, damit ich den HERRN nicht versuche. 13 Da sprach Jesaja: Wohlan, so hört, ihr vom Hause David: Ist's euch zu wenig, dass ihr Menschen müde macht? Müsst ihr auch meinen Gott müde machen? 14 Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.

 

Liebe Gemeinde,

ich weiß zwar nicht, wie es zur Zeit um ihren persönlichen Müdigkeitspegel bestellt ist. Aber der Stresstest, den wir mal bei einem come in Gottesdienst in der Vorweihnachtszeit hier in der Kirche gemacht haben, hat doch gezeigt, dass einen die vorweihnachtliche Hektik ganz schön müde machen kann. Und das ist ja nun die zentrale Aussage unseres Predigttextes: dass auch Gott ganz schön müde sein kann. Ich habe heute Abend drei Punkte:

  1. Warum Gott müde ist

Bei unserem Abschnitt aus dem alten Testament hat der Grund für die Müdigkeit Gottes einen Namen. Es ist der König Judas mit dem Namen Ahas. Zunächst ein paar Hintergrundinformationen zu diesem Mann:
- Sein Vater Jotam verhielt sich unauffällig und gehört zu den Königen, wo das Fazit des Chronisten lautet: er tat, was dem Herrn wohlgefiel. Es gab nur einen, allerdings heftigen Kritikpunkt. Er entfernte nicht die Götzenanbetungsstätten auf den Höhen. Auch wenn er selber nicht dort anbetete, ließ er es doch zu, dass Leute aus dem Volk es taten, jeder sollte nach seiner Facon religiös sein dürfen Aus der großen Politik hielt er sich weitgehend raus. Vom Typ her also eher ein Aussitzer.
- Ahas kam als 20-jähriger Schnösel an die Macht und es scheint so, dass er seinen Vater nicht sonderlich bewundert hat.
- Er kauft sich in ein Bündnis mit der aufstrebenden Militärmacht Assyrien ein und presste das Geld dafür und für die eigene Aufrüstung aus den einfachen Leuten
- Natürlich passte es ihm nicht in den Kram, dass Gott sich durch die Propheten Micha und Jesaja zu diesen Dingen äußerte.
- aus diesem Grund riss er den Altar Gottes im Tempel ein und baute einen neuen nach dem Vorbild des Altars für die Fruchtbarkeitsgöttin Astarte in Damaskus

  • Er opferte sogar seinen Sohn dem Gott Moloch

Es fällt geradezu richtig auf, wie Entfernung von Gott automatisch den Götzendienst nach sich zieht, wie rigorose Machtpolitik ihren Preis hat: soziale Ungerechtigkeit.
Und irgendwie kann man Weihnachten 2017 problemlos aktuelle Parallelen ziehen: Donald, Vladimir und Rehip und wie sie alle heißen, die genau diesen Mix des Ahas vorleben,  wir alle haben noch mehr als genug dieser Typen vor Augen.
Aber jetzt kommt der große Unterschied: Gott kämpft noch um diesen Mann, denn immerhin ist er König seines geliebten Volkes. Und deshalb schickt er ihm noch einmal den Propheten Jesaja mit der ausdrücklichen Aufforderung:  Fordere dir ein Zeichen! Er will sich als der alleinige und lebendige Gott erweisen. Und Ahas lehnt ab, er kneift und sogar mit einer „frommen“ Begründung. In Wirklichkeit scheut er sich vor den Konsequenzen: Denn wenn Gott wirklich lebendig ist, kann er nicht mehr selber bestimmen was gut und richtig ist.
Und genau das macht Gott so unendlich müde: dass wir Menschen uns mit jedem abgestandenen Gesöff zukippen und ihn, die Quelle des lebendigen frischen Wassers ignorieren. Oder, um es mit der Werbung zu sagen, die uns seit  Wochen zudröhnt: dass wir wirklich glauben, Weihnachten würde unterm Baum entschieden und gar nicht merken, wo es wirklich entschieden worden ist.

  1. Inwiefern wir der Müdigkeit Gottes unser Heil verdanken

Gott wird ja hier mit sehr menschlichen Zügen gezeichnet. Und wir bekommen  hier irgendwie mit, dass er es Leid ist, dass er keine Lust mehr hat, dass er den Versuch mit seinem Volk für gescheitert erklärt. Er möchte gerne mit seinem Volk in Partnerschaft und auf Augenhöhe leben. Gott sucht seinen Menschen, und der versteckt sich. So ist es seit Adams und Evas Sündenfall. Und sogar die besten und tollsten Typen von Abraham über Jakob und Mose bis hin zu David und Salomo, von denen wir alle ganz sicher viel lernen können, haben auch immer wieder im Nu Gott und sein Wort vergessen und selber das Ruder in die Hand genommen.
Und deshalb ergreift nun Gott selber die Initiative. Und insofern ist der „neue Bund“ von ganz anderer Qualität als der Alte: Gott selber wird Mensch. In Betlehem wird Weihnachten entscheiden. Es ist viel mehr als ein Zeichen seiner Liebe, er ist diese Liebe in Person, in seinem lieben Sohn! Damit ist endgültig das Problem an der Wurzel gepackt, Gott wird einer von uns, und zwar nicht irgendeiner von uns, sondern einer vom Haus und Geschlecht Davids, ebenso wie ja auch der König Ahas, mit dem wir uns ja eben in Punkt 1 ausführlich beschäftigt haben. Und insofern verdanken wir der Müdigkeit Gottes unser Heil.

  1. Warum wir an Heiligabend mit Fug und Recht behaupten können, dass Gott hellwach ist

Und das ist ja nun wirklich völlig logisch, dass Gott am Heiligabend hellwach ist, schließlich wird er Papa. Und über den Namen des Kindes, wie er hier steht, müssen wir jetzt zum Schluss der Predigt doch noch ein wenig nachdenken. Immanuel, Gott ist mit uns, das kann auch zu bösen Missverständnissen führen. Denn das oder ähnliches steht auch auf dem Koppelschloss, wenn Soldaten in den Krieg ziehen. Gott sozusagen als Schmierstoff unseres Lebens. Mein Amtsvorgänger Paul Deitenbeck hat diese Frömmigkeit als „Befiehl du deine Wege“-Frömmigkeit bezeichnet, also nach diesem bekannten Lied von Paul Gerhardt, von dem früher die Konfirmanden, als sie noch Lieder auswendig lernen mussten, jedenfalls die erste Strophe lernen mussten. Er meinte damit: wir bestimmen die Wege und Gott soll sie gefälligst segnen.
Dieser Immanuel, der ja dann Jesus hieß, hat Zeit seines irdischen Lebens um jeden einzelnen Menschen gerungen: Komm nach Hause, wenn du auf Abwege geraten bist und komm doch rein zum Fest, wenn du schmollend vor der Tür stehst, wenn du es ungerecht findest, dass sich Gott als Vater über jeden freut, der die Kurve nach Hause kriegt. Und deshalb wird Weihnachten im Stall entschieden, weil Gott seine Tür weit aufreißt und ruft: Euch ist heute der Heiland geboren!


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