Predigt zu Jeremia 9, 22+23 von Hans-Georg Ahl

26.01.2018, 09:33

Predigt Jer 9,22f


22So spricht der HERR: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit, ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke, ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums.23Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der HERR bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht der HERR.

 

Liebe Gemeinde,

auf was sind sie stolz? Überlegen sie mal einen Moment, auf was sie stolz sind, wo sie sagen: das ist mir gelungen, das habe ich gut hingekriegt oder so ähnlich…

Ist ihnen etwas eingefallen?

Sie müssen dabei übrigens gar kein schlechtes Gewissen haben. Das Wort, das hier im hebräischen steht ist durchaus positiv gemeint. Wir dürfen darüber reden, wir dürfen anderen signalisieren, dass uns etwas gut gelungen ist, wir dürfen den Stern auf unserer Kühlerhaube mit Wohlgefallen ansehen.  Oder eben auch unser schönes neues Gemeindehaus.

Aber natürlich ist ihnen und mir dann auch klar, wie schnell das Ganze aus dem Ruder laufen kann.

Denn weder Weisheit, noch Stärke, noch Reichtum sind an sich etwas Schlechtes. Schlecht wird es eben nur, wenn ich daraus mein Lebensfundament baue.  

Ich wette: sie werden das betreffende in einem der Bereiche wieder finden, die der Prophet Jeremia hier anspricht.

Denn der Prophet Jeremia nennt genau die 3 Bereiche, auf die wir Menschen uns gerne etwas einbilden.  Jeremia, diese tragische Prophetengestalt kurz vor und in der Katastrophe des Untergangs der Stadt Jerusalem nennt hier beschwörend, was Menschen, die mit Gott leben eigentlich wissen müssten. Also auch wir. Lassen wir den Propheten mal in unsere Zeit hinein sprechen:

Mit Weisheit ist all das gemeint, was wir persönlich wissen, aber auch ein bisschen  das, was Einstein wusste. Dazu braucht man nicht seine Relativitätstheorie erklären zu können. Sondern ich meine das, was wir, der aufgeklärte Westen unserer Welt auf unseren Fahnen stehen haben. Toleranz, Fortschritt im Bereich der Wissenschaften, Sozialsysteme, deren Umbau uns zwar schwer fällt, aber wir jammern immer noch auf einem hohen Niveau.

Könnte es nicht sein, dass es unsere westliche Arroganz ist, mit der wir meinen die ganze Welt mit unseren Errungenschaften zu beglücken. Dass normale Moslems nur dieses Gesamtbild des Westens vor Augen sehen mit all seiner Dekadenz, mit dem unsäglichen Mist von Hollywood und vielen anderen Orten, mit dem wir die ganze Welt in ein Disneyland verwandeln wollen. Auf eine solche freie Gesellschaft pfeifen sie vielleicht auch mit einem gewissen Recht.

Das Wort Stärke  meint sowohl die körperliche als auch die psychische Verfassung, in der sich jemand bzw. auch eine Gruppe von Menschen befindet. Jeremia kannte zwar Oliver Kahn noch nicht, aber er kannte nicht wenige Menschen, die ihre Sicherheit aus militärischer Stärke  bzw. die Dicke ihrer Mauern, wie bei Jerusalem, bezogen. Natürlich wollen wir auch als Gemeinde „stark“ sein und überlegen uns an vielen Orten und in vielen Mitarbeiterteams, dass wir ein starkes Programm auf die Reihe kriegen. Nehmen wir als Beispiel doch mal unser Montagscafe. Da kommen jeden Montag 20 oder mehr Mitarbeiter zusammen, um sozial schwachen Mitmenschen eine gute Mahlzeit, einen Lebensmittelgutschein, gut erhaltene Klamotten usw. zu präsentieren. Und mehr noch ihnen in Freundschaft und Nächstenliebe zu begegnen.  Stark, oder? Solche Mitarbeiter sind echt stark. Und auf einmal höre ich den Propheten zu uns sagen: Liebe Kreuzkirche, ganz schön stark, aber läuft da nicht was ganz schief, wenn ihr meint, ihr könntet durch eure Stärke auch nur einen Menschen dazu bewegen, mich kennen zu lernen?

Kommen wir zum 3. Begriff, dem Reichtum. Klar, in weltweitem Maßstab sind wir Onkel Dagobert, auch wenn wir vielleicht zu denen gehören, die immer am unteren Rand ihres Überziehungskredits rumkrebsen. Nahrung und Kleidung haben wir in Hülle und Fülle, unsere Sorge gilt der Frage, wohin wir das nächste Mal in Urlaub fahren oder ob wir genug für das Rentenalter zurückgelegt haben. Ja, Jeremia würde es mitbekommen, wie wir Reichen Zäune um unseren reichen Erdteil bauen. Solche Zäune stehen an der Grenze zwischen Mexiko und den USA, sie stehen in Nordafrika und am liebsten würden manche das Mittelmeer und hier insbesondere die Straße von Gibraltar und zwischen Sizilien und Tunesien zum Haifischbecken machen.

So genug geschimpft, denn der Prophet möchte Gottes Volk und somit auch uns auf etwas Besseres aufmerksam machen. Er möchte sagen: das allerbeste, was einem Menschen in seinem Leben widerfahren kann, ist, dass er Gott kennen lernt. Oder neutestamentlich gesagt: dass er Jesus begegnet, dass er ihm nachfolgt. Und dann kapiert er: Das, was hier bei Jeremia mit Gottes Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit gemeint ist hat einen Namen und einen Ort. Es ist der Name Jesus und es ist der Ort Golgatha. Da hat Gott ein für allemal erklärt, dass er barmherzig ist, dass er seinen eigenen Sohn gibt, auf dass wir leben sollen. Und deshalb sagt später Paulus: wenn ich mich etwas rühme, dass des Kreuzes. Und auf dem Grundstein unserer Kirche steht: das Kreuz ist all mein Ruhm. Und diesen Satz wollen wir jetzt noch einmal im Blick auf die drei Bereiche versuchen zu entfalten. Fangen wir damit mal hinten an:

  1. Das Kreuz ist mein Reichtum

Und zwar in der entscheidenden Stunde, wenn ich vor meinem Richter steh. Wenn ich mein Bankkonto und mein Sparbuch vergessen kann. Wenn ich für das bezahlen soll, was ich versäumt habe, was ich schuldig geblieben bin. Dann kommt ein anderer und sagt: für dich habe ich bezahlt. Und dieser andere ist Jesus. Und deshalb kann und werde ich aufhören, immer selber bezahlen zu wollen. Ich lebe aus seiner Vergebung und bin mit mir selbst und mit meinen Mitmenschen im reinen. Reicher kann und wird kein Mensch sein als einer der das sagen kann, er ist reicher als Bill Gates!

  1. Das Kreuz ist meine Stärke

Auch als Christ kann an den Rand kommen, kann ich schwach werden, können mir Dinge in meinem Leben misslingen. Das verrückte aber ist doch, dass mir genau das zum Kapital wird. Wieder ist es Paulus, der beschreibt, dass er mehrmals heftig und unter Tränen Gott gebeten hat, ihn von einer bestimmten körperlichen Leiden, das wir nicht genau kennen zu befreien. Als Antwort bekommt er: Lass dir an meiner Gnade genügen. Gott gefiel es, ihn so zu gebrauchen. Wäre er eine imposante Erscheinung oder ein glänzender Redner gewesen, hätte er wahrscheinlich nie im Leben eine solche Bedeutung für die Ausbreitung des christlichen Glaubens gehabt. Gott leistete sich sogar den Luxus, ihn als Gefangenen nach Rom zu schicken und er hatte so vielleicht noch viel mehr zu sagen, als wenn er als freier Mann aus eigenem Antrieb nach Rom gereist wäre.

  1. Das Kreuz ist meine Weisheit

Wieder Paulus: ich wusste unter euch nichts als Jesus Christus, und zwar den Gekreuzigten. Das schreibt er an die Korinther. Weisheit kommt von wissen. Und Paulus scheint es sehr wichtig gewesen zu sein, dass die Korinther ihr Denken und Wissen von einem zentralen Punkt her steuerten: vom Kreuz. Denn in der Gemeinde gab es Parteiungen, Fanclubs einzelner Apostel, Charismatiker und Gesetzliche, Orthodoxe und Pietisten und eben jede Menge einfacher Leute die nur eines wussten: ohne Jesus bin ich verloren. Und genau denen stärkt Paulus den Rücken. Je näher wir am Kreuz sind, desto verschiedener können wir sein. Deshalb lasst uns eine Kreuzkirche bleiben.

 

In dem gerade begonnenen Jahr 2018 freuen wir uns auf die pro Christ Tage im November in der Schützenhalle. Lasst uns gemeinsam versuchen möglichst viele Menschen dazu einladen, ihren Reichtum, ihre Stärke und ihre Weisheit am Kreuz Jesu zu finden.


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