Predigt zu Amos 5, 21-24 von Hans-Georg Ahl

11.02.2018, 07:53

Predigt Amos 5,21-24

 

21 Ich hasse und verachte eure Feste und mag eure Versammlungen nicht riechen – 

22 es sei denn, ihr bringt mir rechte Brandopfer dar –, und an euren Speisopfern habe ich kein Gefallen, und euer fettes Schlachtopfer sehe ich nicht an. 

23 Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! 

24 Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach

 

Liebe Gemeinde,

heute haben die Bibelabendbesucher mal einen echten Vorteil (den haben sie übrigens sowieso, denn Bibellesen lohnt sich immer…). Denn im Bibelabend haben wir im letzten Jahr den Propheten Micha gelesen und der schlägt einige Jahre nach Amos ganz ähnliche Töne an, wie wir sie soeben beim Lesen des Predigtextes gehört haben.

Zunächst einige Informationen zur Person des Propheten und dann zu seiner Zeit.

Amos war ein Maulbeerfeigenzüchter, kein gelernter Priester oder Theologe, auch nicht Mitglied einer jener Prophetenscharen, die sich selbst durch Fasten und ekstatischen Tanz in Fahrt brachten. Über seine Person wissen wir nicht allzu viel, nur eben das Gott ihn persönlich angesprochen hat. Er beschreibt seine Berufung mit einem Bild: der Löwe brüllt, wer sollte nicht Angst haben, Gott redet, wer sollte nicht Prophet werden.

Es hat übrigens in der Geschichte immer wieder so genannte „Laien“ gegeben, durch die Gott in bestimmte Situationen hineingeredet hat.

  • die Apostel waren überwiegend Fischer
  • Walter Heide (Heinrich Klein)
  • Albert Moos

Amos lebte in einer Zeit, wo sich der Untergang des Nordreichs Israel schon abzeichnete. Für diejenigen, die nicht zu unserem Bibelabend kommen, muss ich wohl mal ein wenig die Vorgeschichte dieser Reichsteilung und ihrer Folgen erzählen.

  • Jerobeam und Rehabeam

Den Königen des Nordreichs war es natürlich ein Dorn im Auge, dass die Leute immer noch zum Beten und Opfern zum Tempel nach Jerusalem zogen. Sie wussten, dass sie nie vollständig die Herren im eigenen Land waren, so lange die Menschen mit ihrem Herzen noch woanders festhängen. (Beispiel: Polen). So kam Jerobeam 2. auf die Idee 2 prächtige Opferstätten aufzubauen, und zwar in Gilgal, ganz im Norden des Landes und die andere in Bethel, nur 12 km von Jeusalem weg. Es liegt auf der Hand: er wollte die, die einen weiten Weg aus dem Norden hatten, davon abhalten sich überhaupt erst auf den Weg zu machen und die, die schon unterwegs waren davon abhalten, bis nach Jerusalem weiter zu ziehen. Er ließ deshalb prachtvolle goldene Stierbilder dort aufstellen. Und weil er wusste dass seine Landsleute überwiegend gerne feierten verpasste er diesen Opferstätten noch einen Kirmesbetrieb mit allen Schikanen, mit Disneyland für die Kinder und Hofbräuhaus für die Erwachsenen. Dann brachte man dem Stierbild sein Opfer dar und danach ging die Post ab. Übrigens nannte man das Stierbild nicht Baal sondern Gott und man hatte auch die richtigen Glaubensinhalte, man dankte für den Auszug aus Ägypten, die Bewahrung auf der Wüstenwanderung und das Land, das Gott seinem Volk gegeben hatte. Ein anderes Charakteristikum seiner Zeit war natürlich die soziale Ungerechtigkeit und Beugung des Rechts durch die Mächtigen.

  • die Geschichte von Nabots Weinberg

Und jetzt zum heutigen Predigttext.

Mit ganz starken Worten spricht Gott hier durch den Mund des Propheten aber deutlich in der Ich-Form als sein Urteil zu erkennen eine Verwerfung aus. Wörtlich heißt es dort: ich hasse, ich verwerfe, mit den stärksten Worten, die die hebräische Sprache dafür vorsieht. Das, was ihm eigentlich ein Wohlgeruch sein soll, das Verbrennen des Opferfleischs kann er nicht riechen. Das was er bei den Opferfesten in Bethel sieht, tut ihm an den Augen weh. Die Lieder und die Musik geht ihm auf die Ohren. Stattdessen sollten Recht und Gerechtigkeit wie ein nie versagender Bach sprudeln.

Was heißt dieses Prophetenwort für uns heute?

  1. Gott hat Sinnesorgane

Und er hat sie nicht nur, sondern sie tun ihm auch weh. Es stinkt ihm in der Nase und am liebsten würde er die Augen zu machen, bei dem was er tagtäglich auch von uns geboten bekommt. Auch bei Jesus merken wir, dass das, was er hört und sieht und mitbekommt etwas mit ihm macht. Er stößt die Tische der Händler und Geldwechsler um, die aus dem Tempel eine Souvenierangelegenheit machen. Er sieht den einzelnen am Teich Bethesda oder auf dem Baum, wie Zachäus, er sieht aber auch das Volk, das verschmachtet ist, wie Schafe, die keinen Hirten haben. Er durchschaut die gekachelte Hygiene im Haus der Pharisäers Simon in all ihrer Unbarmherzigkeit. Wisst ihr, wo Jesus sitzen würde, wenn er bei uns in den Gottesdienst käme?

Bei den Kaputten, bei denen, die mit ihrem Latein am Ende sind, bei denen, die Angst vor dem nächsten Tag, der nächsten Woche, der nächsten Nacht haben. Und nicht bei denen die am lautesten singen, predigen, Geld spenden und beim Kaffeetrinken das große Wort führen. Und damit bin ich schon beim 2. Punkt:

  1. Auch bei uns könnten Gottesdienst und unser Leben im Alltag nicht zusammenpassen

Manche von ihnen kennen den berühmtem Satz von Bonhoeffer: „Nur, wer für die Juden schreit, darf gregorianisch singen.“ Gerade wenn man in das 3. Reich schaut, entdeckt man, dass es für Christen immer eine Versuchung war, die Frömmigkeit als Flucht vor der rauen Wirklichkeit zu benutzen. Gut, in der Tradition unserer Gemeinde waren es nicht die gregorianischen Gesänge sondern eher das blaue „Jesu Name“, aber der Effekt kann derselbe sein: wir machen die Jalousien zur Welt zu und machen es uns gemütlich. Wenn ich die drei angesprochenen Sinnesorgane Gottes und ihre Bereiche anschaue, dann geht es um unsere Versammlungen, unsere Opfer und unser Singen. Ich gebe zu, dass es unangenehme Fragen sind:

  • Könnte es sein, dass es bei unseren Versammlungen ganz verdächtig nach Mottenkugeln und Kölnisch Wasser riecht? Um verdächtige Gerüche zu übertünchen?
  • Könnte es sein, dass wir stolz sind auf unseren Förderverein und meist gute Kollekten, aber das Thema mit dem Zehnten gekonnt meiden. Oder sogar den 10. geben und denken, dass uns dann die Not anderer Menschen nicht weiter angehe.
  • Könnte es sein, dass wir brav in unserer Reihe sitzen und jeden Text mitsingen es aber gar nicht ernst meinen, was wir da singen. Es ist selten so auffällig wie bei einer Hochzeit vor einigen Jahren die rausgeputzte Festschar sang: „wir entsagen willig allen Eitelkeiten, aller Erdenlust und –freuden“

Sie merken: Amos hätte uns durchaus etwas zu sagen, wenn wir ihn zu Wort kommen ließen und nicht wie der Priester Amsazja ihm ein Hausverbot erteilen würden, wie der es für das Heiligtum in Bethel verhängte. Aber Amos hätte uns ja dann aber auch diesen letzten Vers von heute Morgen zu sagen:

  1. Die Quelle ist das Kreuz

Das wissen wir nun als Menschen des neuen Bundes ja nun ganz genau, wo diese Quelle ist. Mit einem alten Heilslied ausgedrückt: Ich weiß ein Born draus heilges Blut für arme Sünder quillt, es quillt für mich, dies teure Blut das glaub und fasse ich. Aber die entscheidende Frage, der springende Punkt ist doch: Welche Folgen hat es, wenn ich mich mit dem Blut des Lammes wasche?

Klar: ich bin gerecht vor Gott, seine Gerechtigkeit wird meine.

Aber das gilt ja dann nicht nur für mich sondern für jeden Menschen. Wir sind eine Gemeinde der begnadigten Sünder, die den Menschen, mit denen sie zusammenleben zurufen: Lasst euch versöhnen mit Gott. Und die es vorleben. Und die sich an ihrem Ort dafür einsetzen, dass Menschen Barmherzigkeit, Vergebung, Liebe, Freundlichkeit zuteil wird. Und die sich für eine Politik einsetzen, die das Wohl der benachteiligten Menschen bei uns und weltweit im Auge hat.


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