Predigt zu Matthäus 10, 32-37 von Susanne Wippermann

04.11.2017, 08:08

Friedefürst. Wunderbarer Ratgeber. Groß ist seine Herrschaft, und der Friede wird kein Ende haben. – Aus der Bibel haben wir das gerade gehört über Jesus.
Er schafft Frieden zwischen Gott und den Menschen. Er bringt tiefen Frieden in jedes Herz, das für ihn offen ist.
In der Bergpredigt wünscht er, dass wir Frieden weitergeben: Glückselig sind die, die Frieden stiften.

Der Text, den ich jetzt lese, der steht auch in der Bibel: im Evangelium des Matthäus im 10. Kapitel, Verse 34-39 – (Genfer Übersetzung)

Da sagt Jesus: »Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Ich bin gekommen, um ›den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; die eigenen Angehörigen werden zu Feinden‹. Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.«

(Vers 34: »Denkt nicht, ich sei gekommen, um Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.)

Was ist das denn jetzt? Der Fürst des Friedens bringt das Schwert? Wir sollen Frieden stiften und Jesus bringt Streit? Haben wir das richtig gehört? Kann das denn sein?

Da müssen wir wohl genauer hingucken:
Ein Schwert ist eine Waffe für den Kampf. Es schneidet und trennt, verwundet und  tötet. Mit dem Schwert wird Gewalt ausgeübt. Von Mensch zu Mensch.
Als Jesus verhaftet wird, passiert genau das: Petrus haut mit seinem Schwert einem anderen Menschen das Ohr ab. Da stellt Jesus klar, wie er zu Gewalt steht: »Steck dein Schwert weg!“ sagt er, „ Wer Gewalt anwendet, wird durch Gewalt umkommen. Ist dir denn nicht klar, dass ich meinen Vater um ein ganzes Heer von Engeln bitten könnte? Er würde sie mir sofort schicken.“
Gewalt erzeugt nur neue Gewalt. Das ist täglich auf der ganzen Welt zu beobachten – im Großen und im Kleinen. Gewalt löst keine Probleme. Jesus will keine Gewalt – und er braucht sie auch nicht. Er hat seinen Vater mit der ganzen himmlischen Macht hinter sich.      

Ein Schwert fordert auch heraus. Es erzwingt eine Entscheidung: Kampf oder Flucht. Entweder - oder. Etwas dazwischen gibt es nicht.
Jesus bringt kein Schwert aus Metall. Er selbst ist das Schwert. Seine Person fordert heraus. Fordert uns eine Entscheidung ab: Entweder – oder. Sich mit Jesus auseinandersetzen oder ihn ignorieren. Sich auf ihn einlassen oder ihn leugnen. Für Jesus oder gegen ihn.

Als Baby kommt Jesus in unsere Welt. Er ist Gottes Sohn. Er stirbt unschuldig am Kreuz und besiegt den Tod. Dadurch schafft er alles weg, was uns von Gott trennt. Er macht den Weg zu Gott frei. Er gibt sein Leben um uns zu retten. - Ein Gott! Ein Gott, der sich so klein macht für seine Menschen.
Wo gibt’s denn so etwas?
Unglaublich! Das provoziert! An Jesus selbst scheiden sich die Geister, erhitzen sich die Gemüter.
Für manche ist das blanker Unsinn. 
Anderen ein großes Ärgernis.
Vielen pure Gotteslästerung die sie radikal bekämpfen müssen. Mit allen Mitteln – auch mit dem Schwert. Es ist das Schwert der anderen, das gezogen wird. Die Gewalt der anderen, die Jesus und seine Nachfolger zu spüren bekommen.

Mit Jesus leben zu wollen, ihm nachzufolgen, ist kein Zuckerschlecken. Jesus hat Frieden und ewiges Leben versprochen - aber keine Unversehrtheit,  keinen einfachen Lebensstil. Seine Nachfolger werden herausgefordert und müssen so einiges erdulden.

(Vers 35 + 36: Ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien, die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter; die eigenen Angehörigen werden zu Feinden.)

Sie haben Probleme, die sie ohne Jesus nicht hätten: zum Beispiel Spannungen und Streit in der Familie.
Wer mit Jesus lebt, orientiert sich an ihm. Das verwandelt uns so nach und nach. Das spüren die Menschen um uns herum.  Wenn wir barmherziger und geduldiger werden, mögen sie das gern an uns.
Aber was ist, wenn ein Kollege für seinen anderen am Telefon nicht mehr lügen will?
Wenn eine beim Lästern nicht mehr mitmacht?
Wenn die Gemeinschaft im Gottesdienst anderen Treffen vorgezogen wird.
Wenn die Tochter die alten Lügen ihrer Mutter nicht mehr glaubt und eine eigene Meinung findet?
Dann werden wir unbequem für die anderen. Wir ernten Unverständnis. Manchmal wird das Miteinander schwierig. Es  kann zu Streit kommen. Besonders wenn im Umfeld Glaube verpönt ist, oder wenn andere Religionen gelebt werden. Dann kann es offene Feindschaft geben - unter besten Freunden und auch in der Familie.      

(Vers 37: Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein.)

Die nächste Herausforderung für Jesusnachfolger: Jesus mehr lieben als Eltern oder Kinder. Wer das nicht tut, ist es nicht wert sein Jünger zu sein.
Ganz schön heftig. Warum ist Jesus eine Reihenfolge in Sachen Liebhaben wichtig? Was verlangt Jesus denn da? Also echt. Lieben an sich ist schon nicht einfach. Jemand Unsichtbaren zu lieben schon mal gar nicht.  

Menschen, die wir lieben, den können wir zumindest in die Augen gucken. Mit denen kann man normal reden, auch zusammen lachen. Die kann man knuddeln. So eine Berührung tut doch gut, oder?

Mit Jesus ist das nicht so einfach – ihn umarmen, ihn hören und verstehen. Wie soll ich ihn lieber haben, als die Menschen um mich herum? Das kann ich mir doch nicht einfach befehlen. Das kann ich mir auch nicht erarbeiten, nicht verdienen.
Ich würde ja gerne – ich habe ihm schließlich viel zu verdanken. Er ist es wert, meine volle Liebe zu bekommen. Aber ich krieg das nicht hin. Schaffe es nicht. Das ist zu groß für mich. (mit weißer Fahne winken) Ich kapituliere.

Und nu? Vielleicht hilft es weiter, nach Gründen zu suchen.Warum will Jesus das? Warum ist ihm die Reihenfolge beim Liebhaben so wichtig?

Wir sind von Gott erschaffen, ihm ähnlich. So ausgestattet, dass wir mit Gott leben können. Mit einem Beziehungsgen. Mit einem Platz in unserem Herzen nur für Gott. Er sagt klar: „Ich bin der Herr dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Auch keine anderen Menschen, keine anderen Dinge. Auch wir selbst nicht. Gott will den ersten Platz haben. Er will ihn ausfüllen. Will uns bedingungslos lieben. 

Kann Gott diesen Platz nicht einnehmen, dann bleibt er leer.
Den Personen auf den nächsten Plätzen fällt dann die Aufgabe zu, diese Leere zu füllen. Sie sollen uns dann glücklich machen. Sie sollen uns geben was wir brauchen. Wir erwarten von unserem Partner, unseren Kindern, unseren Eltern etwas, was sie gar nicht leisten können. Wir überfordern sie. Auch wenn uns das nicht bewusst ist.

Wenn Gott auf Platz eins ist, nimmt er niemandem etwas weg. Ganz im Gegenteil. Wir bekommen für uns mehr als genug. So viel, dass wir davon an die anderen weitergeben können. Wir können zu Friedensboten werden, zu Liebesspendern.

Ja, Gott an erster Stelle macht Sinn. Ein gutes Konzept.

Und dann…
… dann plane ich
… ich entscheide
… ich fange schon mal an es umzusetzen
… ich behalte gern die Kontrolle
… und bitte Gott dann um seinen Segen. Lasse ihn das Ganze dann noch „absegnen“.
Das passiert ganz schnell. Wer sitzt dann ganz oben? Gott ist es nicht.

Warum fällt es so schwer, Gott den ersten Platz zu überlassen? Wovor haben wir eigentlich Angst?
Vielleicht, dass wir nichts mehr zu sagen haben. Nur noch Sachen machen müssen, die Gott toll findet.
Vielleicht haben andere Menschen uns bisher bestimmt, gar ausgenutzt - und jetzt übernimmt Gott das? Wird er der neue Bestimmer. Wir kommen wieder zu kurz?!
Vielleicht haben wir etwas mit Menschen erlebt und denken Gott geht auch so mit uns um. Ganz automatisch, ganz unbewusst.

Aber Gott ist anders. Gott ist göttlich – mit vielen Facetten. Er ist auch ein starker Herrscher. Aber kein Unterdrücker,  kein Tyrann, wir sind nicht seine Sklaven. Gott will uns nicht scheitern sehen.
Gott ist ein göttlicher König. Wir seine Königskinder, Erben seines Königreiches. Gott schenkt uns Würde. Verbündet sich mit uns. Der mächtigste Herrscher, den es gibt. Dem unser Alltag nicht zu klein ist und unsere größten Nöte nicht zu groß. Er will uns helfen, unterstützen. Er will bei uns sein, bei dem was wir tun, da wo wir sind. Mit uns zusammen Schönes genießen, Witziges entdecken, gemeinsam leben.

In diesem Miteinander brauchen wir unser Leben nicht mehr krampfhaft festzuhalten. Der mächtige gute König hält uns. Er kann viel besser auf uns aufpassen, als wir selbst es können. Bei ihm ist der sicherste Ort, den es gibt. Da sind wir geborgen.

Ihm können wir vertrauen, uns ihm anvertrauen. Unser Leben können wir in seine Hände geben, uns ihm hingeben.  Nicht einfach. Kaum hinzukriegen. (weiße Fahne)
Kapitulieren ist eine gute Wahl. Einzusehen, dass wir nicht können, wie wir wollen.
Das bietet auch eine Chance: Es entlastet, sich nichts mehr vormachen zu brauchen. Ehrlich sein zu können. Gott weiß eh alles.
Unsere leeren Hände können wir von Gott füllen lassen:
„Herr, du bist so gut. Es tut mir sehr leid. Aber ich krieg das nicht hin, dich so lieb zu haben, wie es gut wäre. Dich lieber zu haben, als mich selbst. Ich brauche dich. Hilf mir bitte. “
Gott gibt gern, füllt gern leere Hände. Auch leere Herzen. Gott ist die Liebe. Er verschenkt sich selbst. Er schenkt uns sogar die Liebe, mit der wir ihn selbst lieben können. Unglaublich. Aber das ist wahr!

Kapitulieren. Bitten und beschenkt werden.
Gott vertrauen und ihn machen lassen.
Jeden Tag neu. Immer wieder.
Können brauchen wir gar nicht – wollen reicht aus. Gott macht den Rest.

(Vers 38 + 39: Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist es nicht wert, mein Jünger zu sein. Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.)

Und wie gut, dass er das macht. Denn…

  • Sein Kreuz auf sich zu nehmen. Also für Jesus etwas erdulden, aushalten, erkämpfen. Das geht nur durch seine guten Gaben.
  • Gott wichtiger nehmen, als uns selbst. Das geht nur, wenn Gott uns hilft.
  • Böses mit Gutem überwinden.
  • Mehr auf Gott hören, als auf die Menschen  - und sie trotzdem ehren.
  • Den Nächsten so lieben, wie sich selbst.
  • Ja sogar unsere Feinde lieben.

Durch Gottes Liebe wird Menschen vieles möglich. Anders kann ich mir nicht erklären, dass Menschen lieber ihr Leben lassen, als Jesus zu verraten. Zur Zeit leiden mehr Christen unter Verfolgung denn je. Was müssen manche Menschen aushalten.
So traurig, dass es so etwas gibt. Aber Jesus hat das kommen sehen.
So mutmachend, dass Menschen trotzdem Gottes Liebe weitergeben und von Gott durchgetragen werden.

Ja, Jesus nachzufolgen bringt Probleme mit sich.
Aber Jesus bringt uns auch den Zugang zum liebenden Vater im Himmel.
Jesus ist der Friedefürst. Er bringt himmlischen Frieden in unsere Herzen und dadurch auch in diese Welt.

Und genau dieser Friede Gottes, der jede Vernunft und jedes Verstehen übersteigt, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserm Herrn. Amen.


Zurück