Predigt zu Lukas 16, 31ff von Hans-Georg Ahl

16.09.2017, 15:04

Predigt Lukas 16, 19-31

Es war einst ein reicher Mann, der kleidete sich in Purpur und feinstes Leinen und lebte Tag für Tag herrlich und in Freuden. 20 Vor dem Tor seines Hauses lag ein Armer; er hieß Lazarus. Sein ganzer Körper war mit Geschwüren bedeckt. 21 Er wäre froh gewesen, wenn er seinen Hunger mit dem hätte stillen können, was vom Tisch des Reichen fiel; aber nur die Hunde kamen und leckten an seinen Wunden. 22 Schließlich starb der Arme. Er wurde von den Engeln zu Abraham getragen und durfte sich an dessen Seite setzen. Auch der Reiche starb und wurde begraben. 23 Im Totenreich litt er große Qualen. Als er aufblickte, sah er in weiter Ferne Abraham und an dessen Seite Lazarus. 24 ›Vater Abraham‹, rief er, ›hab Erbarmen mit mir und schick Lazarus hierher! Lass ihn seine Fingerspitze ins Wasser tauchen und damit meine Zunge kühlen; ich leide furchtbar in dieser Flammenglut.‹ 25 Abraham erwiderte: ›Mein Sohn, denk daran, dass du zu deinen Lebzeitendeinen Anteil an Gutem bekommen hast und dass andererseits Lazarus nur Schlechtes empfing. Jetzt wird er dafür hier getröstet, und du hast zu leiden. 26 Außerdem liegt zwischen uns und euch ein tiefer Abgrund, sodass von hier niemand zu euch hinüberkommen kann, selbst wenn er es wollte; und auch von euch dort drüben kann niemand zu uns gelangen.‹ – 27 ›Dann, Vater‹, sagte der Reiche, ›schick Lazarus doch bitte zur Familie meines Vaters! 28 Ich habe nämlich noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit sie nicht auch an diesen Ort der Qual kommen.‹ 29 Abraham entgegnete: ›Sie haben Mose und die Propheten; auf die sollen sie hören.‹ – 30 ›Nein, Vater Abraham‹, wandte der Reiche ein, ›es müsste einer von den Toten zu ihnen kommen; dann würden sie umkehren.‹ 31 Darauf sagte Abraham zu ihm: ›Wenn sie nicht auf Mose und die Propheten hören, werden sie sich auch nicht überzeugen lassen, wenn einer von den Toten aufersteht.‹«

Liebe Gemeinde,

es gibt Predigttexte, da können wir uns wunderbar wegducken und denken:“ für mich persönlich uninteressant“ – bei diesem nicht. Denn wir leben in einer Welt, wo arm und reich so aufeinanderprallen wie es hier beschrieben wird und wir leben in einem Land, wo das auch so ist und, ich sage es sofort dazu, in einer Gemeinde, wo wenigstens einmal in der Woche dir Tür für Lazarusse wirklich aufgeht.
Wir sollten dieses Thema jedenfalls nicht mit Angst und Beklommenheit angehen, denn es spricht ja Jesus. Jesus und sonst keiner darf mit uns so offen und wegweisend sprechen. Er hat ja vollkommen für alles bezahlt, was wir schuldig bleiben, so drückt es der Heidelberger Katechismus aus.

  1. Den meisten von uns geht es ausgesprochen gut

So wie der Reiche hier beschrieben wird, können sich die meisten von uns einreihen. Statt Purpur und Leinen sind es eben bestimmte Modelabels, die wir gerne erwerben. Auch die meisten von uns leben alle Tage herrlich und in Freuden. Was Jesus in der Bergpredigt mit dem täglichen Sorgen um Nahrung und Kleidung beschreibt, ist für die meisten von uns ein Sorgen um Qualität und Quantität. Nicht, dass wir dadurch weniger Sorgen hätten, nur andere.
Kontrollfrage: Wann haben sie das letzte Mal ein wirklich ernstgemeintes Dankgebet vor einem Essen gesprochen?

  1. Den Lazarus vor unserer Tür nehmen wir nicht wahr

Und da bin ich echt in Versuchung uns alle in Schutz zu nehmen. Die Katastrophenmeldungen in den Nachrichten reihen sich doch aneinander wie auf einer Perlenkette. Ist der eine Hurrikan vorbei, braut sich der nächste schon auf dem Atlantik auf. Sind die Flüchtlinge von einem Boot gerettet, saufen sie ein paar Seemeilen weiter ab.
Ist ja nicht vor unserer Haustür, höre ich mich jetzt denken. Ist es aber eben dank der Medien doch. Und wörtlich vor unserer Haustür? Was denken sie über unsere Montagskundschaft? Irgendwie auch: selber schuld, faul, Geld für Kippen und Alkohol  haben sie jedenfalls immer…so richtig genau hingucken tun wir, tu ich jedenfalls nicht. Übrigens der Lazarus heißt nicht zufällig so: Gott hilft ist die deutsche Übersetzung des Namens. Und Gott ist übrigens ganz einseitig auf der Seite der Armen! Mt 25

  1. Es kommt alles wieder

Erst in der Hölle nimmt der nicht zufällig namenlose Reiche den Lazarus wahr. Vor seiner Haustüre hat er nicht nach unten geguckt, jetzt muss er nach oben schauen. Die Hölle wird nach den Vorstellungen zur Zeit Jesu beschrieben. Sicher ist: sie ist ein Ort der Qual und der Himmel ein Ort der Geborgenheit. War die Kluft zwischen ihnen zur irdischen Lebenszeit groß, so ist sie jetzt unüberwindbar.

  1. Wer hier das Gutes empfängt kann es nicht dort von Gott erwarten

So, und jetzt komme ich zu dem für die Dogmatiker schwierigsten Teil des Gleichnisses. Und ich sage sofort: In den Gleichnissen geht es nicht um die reine Lehre sondern meist um einen Punkt, den wir kapieren sollen.
Problem Nr. 1:vom Glauben ist hier keine Rede. Es scheint so, als sei der Reiche nur wegen seines Reichtums in der Hölle und der Lazarus nur wegen seiner Armut im Himmel. Natürlich können wir das mit dem Glauben unterstellen, aber gesagt wird es nicht.
Da die meisten von uns eindeutig auf der „reichen Seite“ zu finden sind, beschäftigen wir uns also mit dem.
Wir können also nur eine Art Indizienbeweis führen:
- er gab viel Geld für Nahrung und Kleidung aus
- er lebte alle Tage gedankenlos in den Tag hinein
-er beachtet den armen Lazarus vor seiner Tür überhaupt nicht
Dass er mit Abraham per du war hat nichts zu sagen, er hat ihn vermutlich erst in der Hölle kennengelernt.
Und auf einmal merken wir: der Indizienbeweis wird gegen uns selbst geführt, Jesus sagt: ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Wer weiß: vielleicht hat der Reiche sogar seinen Zehnten gegeben. Und den Lazarus nicht wahrgenommen. Seine 5 Brüder sind jetzt wir!

  1. Wir haben Mose und Jesus

Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, werden sie auch keine Botschaft direkt aus der Hölle annehmen, lässt Abraham ausrichten. Der entscheidende Unterschied und die gute Botschaft für uns ist nun allerdings, dass wir einen haben, der weite über Mose und die Propheten, also das geschrieben Wort Gottes hinausgeht: Jesus! Und der macht eben das Unmögliche möglich, dass wir Kamele durchs Nadelöhr gehen, um mit dem Schlusssatz der Geschichte mit dem sogenannten reichen Jüngling zu sprechen. Was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei Gott möglich. Jesus gönnt uns unser Geld, an dem ist e nicht primär interessiert. Er will viel mehr als unser Geld, er will uns, er will unser ganzes Leben. Und natürlich gehört dann auch unser Geld dazu.


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