Predigt zu Johannes 6, 30-35 von Hans-Georg Ahl

30.07.2017, 07:29

Predigt Jo 6, 30-35

30 Doch nun sagten sie: »Wenn wir dir glauben sollen, ´dass du von Gott gesandt bist,` dann lass uns ein Wunder sehen, das es uns beweist. Wo bleibt dieser Beweis? 31 Damals in der Wüste haben unsere Vorfahren Manna gegessen, wie es ja auch in der Schrift heißt: ›Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.« 32 Jesus erwiderte: »Ich sage euch: Das Brot vom Himmel hat euch nicht Mose gegeben; es ist mein Vater, der euch das wahre Brot vom Himmel gibt. 33 Denn das Brot, das Gott gibt, ist der, der vom Himmel herabkommt und der Welt das Leben schenkt.« 34 »Herr«, sagten sie da zu ihm, »gib uns immer von diesem Brot!«  35 Jesus antwortete: »Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

 

Liebe Gemeinde,

wenn man das Johannesevangelium zum ersten Mal liest, ist man erstaunt über sehr lange Dialoge, Gespräche und Reden Jesu und wenig action, jedenfalls im Vergleich zu den anderen 3 Evangelien. Wenn man dann genauer hinschaut, merkt man: die Wunder sind Zeichen und diese Zeichen werden gedeutet und sie sollen alle auf eines hinweisen: Jesus sagt: ich bin es! Ich bin der, der diese Welt wieder zurechtbringt, in mir begegnet ihr Gott selber.  Aber der Reihe nach.

  1. Hunger ist unsere Haupttriebfeder

Die meisten von uns werden Hunger, wie ich, nicht wirklich kennen gelernt haben.  Ich meine damit, dass wir zur Generation des ständig vorhandenen und mehr oder weniger gefüllten Kühlschranks gehören. Und natürlich dass wir in einem Land und in einer Region leben, die Nahrungsmittel in einer solchen Hülle und Fülle produziert und importiert, von der Menschen in anderen Kontinenten und Gegenden nur träumen können. Und wenn Jesus mit Menschen über Hunger und Durst spricht, spricht er eben mit Menschen, die in einem  ständigen, täglichen – so ist die Vaterunserbitte gemeint!- Überlebenskampf stehen.
Die Bibel ist voll von Geschichten, wo es ums Essen und Trinken geht:
- der Hunger treibt Jakobs Familie nach Ägypten
- in der Wüste geht es ständig um Wasser und Essen
- das gelobte Land ist eines, wo Milch und Honig fließt
- nach dem Durchzug durch den Jordan essen sie von Früchten, die sie nicht selber angepflanzt haben.
Und schon diese ganzen Geschichten haben immer einen Hang, Gott und unseren Hunger zusammen zu bringen, zu signalisieren: es geht Gott um mehr, als unseren Magen zu füllen. Wir sind von Gott mit Hunger und Durst nach Leben geschaffen worden, unsere Seele dürstet nach dem lebendigen Gott, wie es in den Psalmen heißt. Und genau darum geht es Jesus im Gespräch mit den Menschen in Galilä. Am Tag zuvor hat er 5000 Menschen am Ende des Tages satt gemacht. Und nur einen Tag später haben diese Menschen schon wieder Hunger. Komisch, das könnte uns nie passieren…Und noch schlimmer: diese Menschen sagen: gib uns ein Zeichen. Man fasst es nicht. Aber genau so sind wir Menschen – sehr vergesslich, wenn es um Gottes Wohltaten geht.

  1. Das Brot vom Himmel füllt nicht nur unseren Magen

Und deshalb muss Jesus sehr viel Zeit und Mühe darauf verwenden, den Menschen damals und uns heute zu erklären, wovon wir Menschen wirklich satt werden, was unseren Lebenshunger und-durst wirklich stillt.
Bevor ich mich diesem Thema zuwende, möchte ich noch einmal ausdrücklich sagen: ich möchte nicht, dass wir damit an den realen Hunger der Menschen in dieser Welt einfache einen Haken machen. Bonhoeffer hat seinen Vikaren im Predigerseminar der bekennenden Kirche gesagt:“ Nur wer für die Juden schreit, darf gregorianisch singen“ und wir können ja nachher beim 3. Punkt über Abwandlungen dieses Satzes nachdenken.
Also: was stillt unseren Lebenshunger und –durst wirklich? Bei der Beantwortung dieser Frage sollen uns wieder Geschichten aus der Bibel auf die richtige Spur bringen

- Gott zu Besuch bei Abraham
- Beim Essen gibt sich Josef seinen Brüdern zu erkennen


Beide Geschichten weisen für mich in die Richtung, dass Essen eben viel mehr als Nahrungsaufnahme ist, dass es die in intensivste Form menschlicher Gemeinschaft ist. Menschen, mit denen ich zusammen esse und trinke, öffne ich mein Leben. Sie kommen mir nahe und ich lasse sie mir nahe kommen. Sie dürfen dann mit mir auch über Dinge reden, die ich sonst unter dem Deckel halte.
Wenn man über Leitbilder für die Gemeinde nachdenkt, kommt man an Geschichten, wo es um Essen und trinken geht, gar nicht vorbei:
- der verlorene Sohn
- das große Abendmahl
- das Zusammenleben der ersten Gemeinde
Und nun müssen wir uns natürlich der entscheidenden Frage zuwenden, was Jesus denn nun meint, wenn er sagt: ich bin das Brot des Lebens.

  1. Jesus ist das Lebensbrot

Auffällig ist, dass Jesus, als seine Zuhörer mit dem Manna in die Vergangenheit abdriften, also daran erinnern, dass Gott in grauer Vorzeit seinem Volk zu essen gegeben hat, auf einmal vom Vater in der Gegenwart spricht. Von dem, der das wahre Brot wirklich gibt. Und zwar jetzt und hier, in der Begegnung mit Jesus.

So, wie das Passahmahl im Alten Bund immer an jene Nacht erinnert, i n der Gott sein Volk aus der Knechtschaft in Ägypten befreit hat erinnert, denken wir bei jeder Abendmahlsfeier an die Nacht, wo Jesus unmittelbar vor seiner Kreuzigung, dieses Mahl zum letzten mal mit seinen Jüngern gefeiert hat. In dem ausdrücklichen Bewusstsein, dass der mit am Tisch saß, der ihn verriet, und der, der ihn wenige Stunden später 3 mal  verleugnete, und die 3, die wenig später als seine Freunde nicht mal eine Viertelstunde wach bleiben konnten, um ihm am seelischen Tiefpunkt beizustehen.  Und die und alle anderen musste er dann nach seiner Auferstehung wieder mühsam einsammeln, um sie zu dem zu bewegen, wofür er sie auserwählt hatte: Ihr sollt meine Zeugen sein! Warum ich das so ausführlich erzähle?  Weil auch wir an diesem Tisch des letzten Mahls hätten sitzen können bzw liegen können, weil wir kein Fitzel besser als diese Jünger sind. Weil wir hätten sitzen können und weil wir heute an seinem Tisch bei jedem Abendmahls sitzen oder stehen und damit bekennen: auch wenn dieses Mahl nicht wirklich unseren Magen füllt, so füllst du Jesus, der gekreuzigte und auferstandene Herr unseren Lebenshunger und Lebensdurst. Bei dir und in dir und du in uns werden wir wirklich satt, für Zeit und in Ewigkeit.
Und nun hat uns ja Bonhoeffer noch eine Aufgabe gestellt, der wir uns zum Schluss zuwenden wollen: wie kriegen wir denn eine Abendmahlsfeier hin, bei der der Istzustand unserer Welt nicht ausgeblendet ist? Sie erinnern sich!? Ich glaube nicht, dass Bonhoeffer meinte, dass man ständig, bei jedem Gottesdienst und in jeder Abendmahlsfeier an die Judenverfolgung erinnern sollte. Aber, dass Menschen, die dem lebendigen Gott begegnen, die ihren Lebenshunger- und durst mit Jesus stillen unmöglich an dem vorbei gehen können, der uns ja selber in seinen geringsten Schwestern und Brüdern begegnet.

 


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