Predigt zu Johannes 1 von Susanne Wippermann

16.07.2017, 12:00

Predigt mit Johannes 1, 35-42

... Kommen und sehen! Darum geht es auch im für heute vorgeschlagenen Predigttext.

Johannes hat Jesus im Jordan getauft - und hat dann gesehen, wie Gottes Geist wie eine Taube auf Jesus herab gekommen ist. Seit dem weiß Johannes: Jesus ist Gottes Sohn.

Ich lese aus dem ersten Kapitel des Johannesevangeliums die Verse 35 – 42:

35 Am nächsten Tag stand Johannes wieder am gleichen Ort; zwei seiner Jünger waren bei ihm.
36
 Da ging Jesus vorüber. Johannes blickte ihn an und sagte: »Seht, dieser ist das Opferlamm Gottes!«
37
 Als die beiden Jünger das hörten, folgten sie Jesus.
38
 Jesus wandte sich um und sah, dass sie ihm folgten. »Was sucht ihr?«, fragte er. »Rabbi«, erwiderten sie, »wo wohnst du?« (Rabbi bedeutet »Meister«.)
39
 Jesus antwortete: »Kommt mit, dann werdet ihr es sehen.« Da gingen die beiden mit ihm; es war etwa vier Uhr nachmittags. Sie sahen, wo er wohnte, und blieben für den Rest des Tages bei ihm.
40 Einer der beiden Männer, die Jesus gefolgt waren, weil sie gehört hatten, was Johannes über ihn gesagt hatte, war Andreas, der Bruder von Simon Petrus.
41
 Andreas sah kurz darauf seinen Bruder Simon. »Wir haben den Messias gefunden!«, berichtete er ihm. (»Messias« ist das hebräische Wort für »Christus«.)
42
 Dann nahm er ihn mit zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: »Du bist Simon, der Sohn des Johannes. Du sollst Kephas heißen.« (Kephas ist das hebräische Wort für Petrus ´und bedeutet »Fels«`.)

Was ist hier passiert? Menschen sind einander begegnet – und sind Gott begegnet.

Da ist Johannes: Ein erfahrener langjähriger Mitarbeiter Gottes. Gott selbst zeigt ihm, dass Jesus Gottes Sohn ist. Johannes sieht Gottes Geist ähnlich wie eine Taube… wie sie auf Jesus herab kommt… Wie soll er den Heiligen Geist beschreiben? Wie beschreibt man eigentlich eine Begegnung mit Gott? Auf  jeden Fall weiß Johannes, was er erlebt hat. Und er weiß was er erkannt hat: Jesus ist der, den Gott versprochen hat. Der Weg zu Gott und zum Leben. Das weiß Johannes – und das sagt er auch.

Da ist Jesus: Wo wohnst du? wird Jesus von den Jüngern gefragt. Er könnte ihnen jetzt eine genaue Wegbeschreibung geben. Aber vielleicht meinen sie diese Frage ja auch eher so: wie lebst du? Was denkst du? Wer bist du?
Dazu könnte Jesus ihnen einiges sagen, z.B. dass er zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist das Wesen Gottes ausmacht. Dass er die Liebe ist. Aber vielleicht würde sich das alles für die Jünger auch eher nur französisch anhören. Um Jemanden kennenzulernen, muss man ihm selbst begegnen. Daher sagt Jesus: Kommt und seht!

Da sind die zwei Jünger. Sie kommen mit. Sie gucken Jesus zu, bei dem was er macht. Sie begegnen ihm, verbringen Zeit miteinander. Was sie genau machen, wird nicht erzählt. Nichts Weltbewegendes. Sie essen wahrscheinlich Abendbrot zusammen, lernen Jesus etwas kennen. Aber gerade das ist für sie weltbewegend. Denn zu Anfang ist er für sie ein Rabbi, ein weiser Lehrer, ein guter Mensch.
Aber nach dem Begegnen wissen sie: der, der ist der Messias! Der Sohn Gottes! Und das müssen die Anderen wissen. Andreas versucht erst gar nicht diese Begegnung zu beschreiben. Wir haben den Messias gefunden! sagt er seinem Bruder: Komm mit!

Da ist Simon: Simon geht mit, begegnet Jesus – auf seine Art: Da sagt ihm ein völlig Fremder, wie er heißt, aus welcher Familie er kommt und was er werden wird. Das ist der Hammer, völlig skurril. Jesus guckt tief in ihn rein. Sieht sein ganzes Wesen, Vergangenheit, Zukunft. Simon wird zu einem Petrus, einem Fels werden. Das sagt Jesus ihm zu. Davon ist jetzt allerdings noch nichts zu sehen. Noch ist Simon sprunghaft und schwankend. Aber in der Nähe zu Jesus wird er sich verwandeln. Er wird lernen, üben, wachsen … und so nach und nach zu einem standhaften Petrus werden.

Johannes, Andreas, Simon: verschiedene Menschen, verschiedene Begegnungen mit Jesus. Jesus macht es jeweils so, wie es gut ist. Begegnungen mit ihm verändern und motivieren: 

Seht! sagt Johannes: Gottes Sohn!
Komm mit, sagt Andreas: Das musst du gesehen haben!
Komm und sieh! gilt auch heute Morgen. Wir sind gekommen. Was gibt’s zu sehen? Wir können von den Jüngern abgucken. Wie verhalten sie sich?

Sie öffnen sich:Sie öffnen Ihre Sinne um zu sehen und zu hören was passiert. Sie öffnen auch ihr Herz. Sie sind bereit, etwas Neuem zu begegnen. Das ist riskant, aber sie wagen es. Sie lassen sich darauf ein.
- Uns kann das Mut machen, Mut auch etwas Neues zu wagen. Neue Wege zu gehen. Sich auf neue Sichtweisen einzulassen. Mut um unbequeme Fragen an uns ranzulassen. Was suchen wir eigentlich? Wonach sehnt sich unser Herz?

Die Jünger vertrauen.Sie vertrauen denen, die sagen: Jesus ist Gottes Sohn. Komm mit! Ihn musst du selbst erleben. Jesus lässt sich nicht beweisen.
- Vertrauen wächst wenn wir miteinander leben, uns besser kennenlernen. Wenn wir uns öffnen, etwas von uns preisgeben. Mit Gott ist das genauso. Die Beziehung  wächst, wenn wir seine Nähe suchen, Zeit mit ihm haben, seine Worte in der Bibel lesen. Je besser wir Gott kennenlernen, desto mehr Mut finden wir ihm zu vertrauen.

Die Jünger gehen mit.Sie setzen sich in Bewegung. Verändern ihre Position, sind aktiv. Jesus lädt sie ein - mitkommen müssen sie selbst.
- Ihr alle habt euch heute Morgen schon bewegt: Ihr seid gekommen. Es reicht nicht aus, sich das vorzunehmen. Es braucht aktives Tun – genau wie mit anderen über Gott zu reden, zum Bibelabend zu gehen, oder sich für ein Seminar anzumelden.

Die Jünger erzählen weiter: Komm und sieh! sagt Jesus. Komm und sieh! sagen dann auch die Jünger.
- Komm und sieh! So werden seitdem Gemeinden gebaut. Auch bei uns. Vor 30 Jahren hat mir Volker in der Schule gesagt: Komm und sieh! Und hat mich zu einer Freizeit der Kreuzkirche eingeladen.
Komm und sieh! Können wir zu Nachbarn und Arbeitskollegen sagen, im Sportverein und Zwischendurch.
Komm mit, guck uns zu, lebe mit uns – auch Du, liebe Mina. Sieh Dir an, wie Leben mit Gott gehen kann. Denn immer, wenn sich seine Kinder treffen, ist Gott mittendrin.

Gott begegnen.
Nehmen wir mal an das sei unsere Welt: (linke Seite: Wand) Hier leben wir, das kennen wir.
Aber es gibt noch mehr: (Rechte Seite: Bereich Kirchenschiff + Altarraum)
Gottes himmlische Welt – genauso real – aber unsichtbar. Das kennen wir nicht so gut. Komm und sieh, sagt Gott, sieh dir an, wie es bei mir ist. Begegne mir. Den Weg dazu hat Jesus frei gemacht. Wie die Jünger können wir hingehen. Uns hindrehen zu Gott.

(links) Hier hören wir oft solche Sachen wie: du bist nicht gut genug! Du bist nicht richtig! Du bist zu klein, oder zu groß. Du bist zu schnell, zu langsam, zu sensibel oder zu hart… viele Lügen.
(rechts) Hier können wir die Wahrheit hören. Zum Beispiel sagt Gott: „Ich habe Gedanken des Friedens über dich. Ich will Dir Zukunft und Hoffnung geben.“ Und: „Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte.“ Wunderbare Worte. Zusagen. Kraftvoll wie Liebesbriefe.

Gott sieht uns. So wie wir sind – und so wie wir mal sein werden. In seiner Nähe können wir uns verwandeln. Nach und nach verwandeln in die Menschen, die er sich gedacht hat. So wie Simon sich zu einem Petrus verwandelt hat.

(links) Hier wollen wir selbst die Großen sein.
(rechts) Hier können wir Gott als Großen anerkennen. Manchmal können wir sein Handeln nicht verstehen. Sind nicht einverstanden damit. Aber Gott denkt nicht menschlich. Er ist göttlich – er kann weiter denken, als wir. Er ist der Vater – und wir seine Kinder. Hier kommt unsere Stellung wieder in Ordnung. Unser Platz in der Familie. Hier bekommen wir unsere Würde wieder.

(links) Wir leben weiterhin hier. Das ist auch gut so. Aber als Kinder Gottes gehören wir nicht mehr dieser Seite. Wir gehören Gott. (rechts)

Allerdings haben wir Mühe unser Herz für ihn offen zu halten, hier zu bleiben. Wir drehen uns immer wieder von ihm weg – manchmal bewusst, aber oft auch ganz von alleine, ganz automatisch, einfach so.
Es braucht das Wollen, sich zu Gott hinzudrehen. Beim ersten Mal – aber auch weiterhin. Jeden Tag neu, mehrmals täglich, immer wieder. Das ist nicht einfach, aber es ist es wert, es immer wieder zu versuchen.

- Schon morgens kann ich sagen: Guten Morgen, mein Gott. Hier bin ich. Mit Dir möchte ich durch den Tag gehen.

- Bei dem, was ich tue kann ich mein Herz Gott zuwenden. Vielleicht kommen mir Worte von ihm in den Sinn. Hier leben und mit dem Herzen bei Gott sein.

- Mir kreisen beim Einschlafen oft Sorgen und Gedanken im Kopf rum. Die machen mich klein und ängstlich. Manchmal drehe ich mich dann auf die andere Seite: weg von den Gedanken – hin zu Gott. Versuche an seine guten Worte zu denken. Das klappt schon mal … ich übe noch …

Die Beziehung zu Gott braucht Übung. Aber wir sind gemeinsam unterwegs! Wir können uns gegenseitig unterstützen und ermutigen. Vor allem ist Gott da. Er ist der Treue. Er geht hinterher uns her – mit göttlicher Geduld.

Aber wie ist es denn jetzt ihm zu begegnen?
Tja, was soll ich sagen… Ich kann es wie die Jünger sagen: Gott ist mir begegnet. Ich habe ihn erlebt und ich will nicht mehr ohne ihn sein. Komm, probier es selbst aus. Komm mit und sieh.


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